Ich bin Jahrgang 1945 und wohnte von 1956 - 1977 in Jembke. Im
April 1963, begann ich eine Lehre als Radio- und Fernsehtechniker
bei Fa.Gerhard Kamphenkel in Fallersleben. Dort gab es allerdings nicht
nur Schallplatten, Radios und Fernseher, sondern es wurden auch
Schausteller mit Musikelektronik (Verstärker, Plattenspieler) versorgt.
Die erforderlichen Lautsprechergehäuse wurden nach den Wünschen der
Kunden beim Tischler gebaut und in der unserer Werkstatt mit
Lautsprechern bestückt. Als Lehrling hatte ich auch einfachen Zugang zu
den aktuellen Schallplatten und mich interessierte natürlich alles, was
mit der Rock-, Blues- und Beatszene zu tun hatte. Ein Grundig -
Tonbandgerät war auch schon in meinem Besitz, und damit wurde
hemmungslos alles von Elvis, Buddy Holly und all den anderen
amerikanischen RockPop - Größen bis hin zu der aufblühenden Beatszene
in England raubkopiert. Vorbei waren die Zeiten, wo man sich die
aktuellen Hits auf Mittelwelle bei AFN und Radio Luxemburg oder beim
damaligen BFN (heute BFBS) in miserabler Qualität besorgen musste. So
entstanden Bänder mit den heißesten Scheiben, die ich mit meinem Freund
Friedhelm Reckel im Dauerbetrieb hören konnten, nicht immer zur Freude
meiner Familie. Was hat das Alles mit dem Jembker Hof zu tun?
Ganz
einfach: Damals, in den frühen 60ern gab es natürlich
keine Diskotheken, auf dem Dorf schon gar nicht. In Jembke traf
sich das
junge Volk, so etwa 20-30 an der Zahl, am Sonntagnachmittag bei
Elfriede Gennies. Zwischen Kneipe und Saal gab es den Clubraum, in
dem
auch die RockOla - Musikbox stand. Da konnte man sich ungestört
treffen, Musik hören und natürlich tanzen. Das Repertoire in der
Musikbox war allerdings nicht unbedingt das aktuellste, Bill Haley mit
seinem "Rock aruond the clock" und ein paar Elvis-Scheiben, dazu
deutsches Liedgut .........na ja, da hatte ich Besseres zu Hause.
Die
Idee war geboren, Elfriede hatte auch nichts dagegen, dass wir
in den
Saal umzogen, allerdings mussten Verstärker und Lautsprecher her. Chef
Kamphenkel erlaubte mir, Verstärker und zwei Lautsprechersäulen
auszuleihen, dazu bekam ich sogar noch den Firmenbulli übers Wochenende
mit nach Hause. Also - alles eingeladen und bei Elfriede auf der Bühne
im Saal aufgebaut. Ein Tonbandgerät, ein Röhrenverstärker mit 2 x 15
Watt und die zwei Rummelboxen, das war das ganze Equipment im Jahre
1964. Nervös und mit Lampenfieber, wie beim Theater, wurden die
Gäste erwartet und es übertraf alle Erwartungen: Die Musik, die
Stimmung, eine endlich ordentliche Lautstärke (die Gaststube war weit
weg, keiner beschwerte sich), wir waren begeistert. Das konnte
nicht
das einzige Mal gewesen sein!! Wieder Elfriede und den Chef gefragt,
wieder "Alles klar". Am nächsten Sonntag reiste schon das halbe
Boldecker Land an. Ohne Moderation und Mikrofon, nur ein paar
kleine
Pausen zum Bandwechsel oder zum Vor- oder Zurückspulen gab es. Die
Musik war das Wichtigste. Dann gab es noch einen dritten Sonntag, und
zwar mit vollem Saal. Obwohl es Sonntag nachmittag war, oder
vielleicht gerade deswegen, strömten die Halbstarken in Scharen zum
Jembker Hof. Lauter nettes, junges Volk mit Lust zum tanzen und
schmusen .......und zum Abendessen waren Alle wieder daheim. Tante
Elfriede war begeistert, der Umsatz stimmte und der TJ (Tape-Jockey)
wollte noch nicht einmal Geld. Das könnte ruhig so weitergehen! Für
meinen Chef war es damit allerdings dann auch genug des Guten. Das ging
auf die Dauer so nicht weiter. So endete die kurze Phase
einer Tapothek im Jembker Hof, trotz reichlich vorhandener
Nachfrage. Die Zeit
war
einfach noch nicht reif für eine Disko. Es gab Beat-Bands ohne Ende,
auf fast jedem Dorf traten sie auf, auch in Jembke, und, ehrlich
gesagt,.....ich hatte auch mehr Interesse an Veranstaltungen wie dem
"Beat" im Wolfsburger Gewerkschaftshaus am Sonntagnachmittag, wo
man sich auch um
Anderes als die Technik kümmern konnte.* * |