Dies ist eine Kampfansage an
den rotzfrechen Nachwuchs.
Hört genau zu, Ihr zungengepiercten Technohopper mit dem Arschgeweih
über dem
Steißbein: Ihr wart nicht dabei!
Wir End-Vierziger bis
Anfang-Fünfziger haben sie live erlebt: die Geburt des Synthesizers und
den wahren
Soundtrack
der 70er, der von Bands wie Depeche Mode, Cure und Yazoo geschrieben wurde.
Wir haben noch mit
Midischleifen und Oszillographen gekämpft!
Wir haben Euren
"Tekkno" erfunden, bei uns nannte sich das aber noch Wave und war tatsächlich
Musik.
Wir konnten durchtanzen, ohne uns
bunte Pillen einzuwerfen zu müssen, um es zu
ertragen. Unsere einzige Droge hieß Blue
Curacão auf Sekt.
Wir mußten
noch keine Angst haben, das uns Tina Turner mit
Seniorenoberschenkelhalsbruch von der Bühne purzelt.
Wir haben Madonna noch mit
festen Brüsten und ohne Baby-Pause gekannt, Ihr Nasen! Joschka Fischer
trug
Jeans und Turnschuhe. Echte Punker hatten Uhu in den Haaren und kein
"L'Oreal".
Bei uns haben
sich keine Neonazis mit Türken geschlagen, sondern Punks mit
Mods, Mods mit Poppern, Popper mit Rockern und alle gemeinsam gegen die Polizei.
Bei uns gab es noch Mofas, Mokicks und 80er bei denen durchgängig die Betriebserlaubnis
erloschen war, denn das Wort "frisieren" hatte damals noch seine eigentliche Bedeutung, was
ihr kahlgeschorenen Pfeifen nie verstehen
werdet. Und wer einen Führerschein hatte, fuhr als erstes Käfer oder
einen
alten BMW, bei dem Dellen von Individualismus zeugten, ihr Smart-Popel.
Wir
erinnern uns noch an Terroristenfahndungsplakate, auf denen hin und
wieder ein Gesicht liebevoll mit Kulli von einem Staatsbediensteten
durchgestrichen wurde.
Die Bundeswehr machte noch Spaß, wir kannten ja die Richtung, aus der
der
Feind kommt.
Sex
war sicher und Motorsport tödlich. Heute ist es
genau
anders herum.
Ein
Tattoo hatte wirklich nur jemand, der ein halbes Jahr in
Indien oder Thailand war.
Bei
uns rannte nicht jede Tippse schnell noch ins
"Letzte Tatoo-Studio vor
der Autobahn", um sich im Alcopops-Brand chinesische Zeichen
auf den
Nacken pieksen zu lassen, die wahrscheinlich
nichts anderes bedeuten
als "Wer das liest ist doof".
Die Rapper kamen noch aus dem
echten New Yorker Ghetto und nicht aus der Schweiz.
Zu
unserer Zeit fielen Break-Dancer auf den Fussgängerzonen noch
hin und
wieder richtig auf die Fresse und Peter Maffay wurde beim
Stones-Konzert noch ordentlich von der Bühne gepfiffen.
Wir
hatten noch die Qual der Wahl zwischen Pop, Rock,
Metal und Italo-Disco und mußten nicht den
wöchentlich
ändernden Cross-over Trends nachjapsen.
Wir
hatten noch Plattenspieler (auf 33" und 45") und
richtig geile
Plattencover, auf denen man die Namen der MUSIKER (und nicht
der
Programmierer) ohne Lupe erkennen konnte und die tatsächlich
Kunst
waren - keine tempotaschentuchgroßen, einfarbigen
Booklets auf denen
gerade noch "nice price" lesbar ist.
Genau die gleichen Texte,
die heute "Rosenstolz", "Juli" und "Silbermond" singen, hörte
man
jeden Samstag in der ZDF-Hitparade von Bernd
Clüver, Christian Anders und Cindy & Bert.
Für
uns war eine LP etwas Heiliges, das gepflegt und geliebt
werden mußte -
und keine CD-Plastik-Wegwerfware, die so robust ist, daß
man sie
durchaus auch als Bierglasuntersetzer verwenden kann. Bei uns
erkannte
jeder sein Eigentum noch an den individuellen Kratzern.
Wir
haben
kein Big-Brother geschaut sondern "Formel Eins", wo es eine
ganze fette
Stunde wirklich gute Musikvideos zu sehen gab, wir hatten kein
MTV
mit degenerierten Klingelton-Werbespots
und eingebildeten VJ-Flaschen
nötig.
Wir haben uns "Magnum" und "Simon &
Simon" reingezogen,
haben uns die Sakkoärmel hinauf geschoben und ließen uns die
Haare
seitlich ins Gesicht fallen - ohne diese beknackten,
umgedrehten Baseballmützen oder Wollhauben.
In
unseren Hosen konnte
man noch sehen, ob eine(r) einen Hintern hatte, heute hängt
der Arsch
ja bei jedem von Euch in der Kniekehle der ach so
tollen adidas-Jogginghose (die WIR übrigens nur
im Sportunterricht
angezogen haben). Man konnte erkennen ob jemand "männlich"
oder
"weiblich" war. Heute verschlabbert alles unter
kunstvoll vergammelter
Bekleidung.
Wir waren stolz auf unsere weißen
Socken und trugen Slipper mit einem Pfennigstück in der
Schuh-Zunge und keine
Plateau-Sohlen-Schuhe, die
früher bei Klump-Füßen verschrieben wurden.
Und
weil ihr gerade im Leistungskurs für Informatik sitzt: die
AC/DC
Einritzungen auf den Tischen sind von UNS - und es geschieht
Euch nur
recht, wenn ihr glaubt, daß die Dinger aus dem Physiksaal
kommen, wo
irgendein findiger Schüler seinerzeit die Abkürzung für
"Gleichstrom/Wechselstrom" in die Bank gemeisselt hat!
Ach
ja, hiermit entschuldige ich mich, auch im Namen meiner
Altersgenossen für Modern Talking.
Das haben wir wirklich
nicht gewollt ...
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